Beinahe Sturmwarnung

Am Samstagabend, bei schönster Stimmung, machte der Wetterbericht von Stockholm Radio auf Kanal 84 klar, unsere Reise geht im innersten Innenfahrwasser, hinter der Insel Tjörn und Orust weiter. Denn für weite Teile der Ostsee wurde eine beinahe Sturmwarnung herausgegeben.

Sonntag 15.Juli

Schon am Morgen blies es kräftig, bei schönstem Sonnenschein. Nach einem herrlichen Frühstück und den letzten Besorgungen im Einkaufsladen gerade am Hafen, machten wir los. Wir hatten zuerst einige Bedenken, ob wir bei dem starken Wind und mit Heckanker aus dem vollen Hafen kommen, oder ob unsere Ankertaue mit den Nachbarsbooten vertörnt seien. Aber es ging erstaunlich gut. Dafür rammten Esther und ich danach die Tankstelle beim Anlegen, denn der Wind blies so kräftig und schob uns auf den Steg, dass wir das Schiff kaum halten konnten. Mit vollen Tanks setzten wir dann die Reise fort. Eine nasse Reise. Trotz vorgelagerten Inselchen schob der Westwind das Wasser in grossen Bergen heran. Nach einer knappen Stunde wurde es ruhiger, denn wir kamen in geschütztere Gewässer, so schmal, fast wie ein Kanal. Nach zwei Stunden erreichten wir unser Ziel, doch wurde schnell klar, hier bleiben wir nicht. Denn entgegen dem Hafenhandbuch war es extrem zügig in der Bucht. Also montierten Esther und ich trockene Kleider und Ölzeugs und umrundeten die Insel voll gegen den Wind. Obwohl die Maschine fast auf Vollgas lief, schlichen wir nur vorwärts. Dafür machten unsere Schiffe Sprünge wie ein wilder Stier. Kaum war die Insel gerundet, konnten wir Segel setzten, nur ein bisschen, denn der Wind blies kräftig weiter, nur hatte es weniger Wellen. Wir flogen beinahe vorwärts und nach weiteren zwei Stunden erreichten wir Askerön, eine Insel genau zwischen Tjörn und Orust. Wir waren ziemlich geschafft von dieser wilden Fahrt und haben gelernt, dass ein Westwind-beinahe-Sturm auch im Innenfahrwasser ganz schön wild sein kann.

 

Montag 16. Juli

Ausschlafen. Geniessen. Faulenzen. Beat, die Jungs und ich erkundeten mit dem Schlauchboot die nähere Umgebung und fanden einen schönen Ankerplatz, in welchen wir vom Hafen verlegten. Nur eine knappe Seemeile auf eine kleine Insel. Bei der Rückfahrt mit dem Schlauchboot mussten wir wieder gegen die Wellen ankämpfen, nur ganz kleine, aber wir waren alle bis auf die Haut nass. War ja schon fast wieder 24 Stunden her, seit wir eine Salzwasserdusche hatten, wobei es diesmal auch die Crew der NIA traf, die sonst immer am trockenen sitzt auf ihrem Motorsegler.

 

Dienstag 17.Juli

Es war so schön und wir so müde, dass wir das herrliche Wetter nochmals in dieser schönen Bucht verbrachen. Stockholm Radio meldete immer noch beinahe Sturm fürs Skagerrak, so dass eine Weiterfahrt hinaus an die Küste nicht sehr verlockend klang. Während die Erwachsenen sich ihrer Ferienlektüre widmeten, haben Nick und Tim beinahe den ganzen Strand umgegraben.

 

Mittwoch 18.Juli

Es geht weiter. Der Wind hat abgenommen, aber das erste Stück nach Norden konnten wir noch segeln, zum Teil mit Motorenunterstützung. Doch als wir den nördlichsten Punkt des Fahrwassers erreicht hatten und nach Südwesten um Orust fuhren, hatten wir den Wind genau gegen uns, so dass der Motor hinhalten musste. Es war, als seien wir auf einem See unterwegs, viele schöne Ankerbuchten säumten das Ufer, die Sonne schien und es war wunderprächtiges Wetter. So entschlossen wir unterwegs, unser Ziel zu ändern. Anstatt noch weitere 1.5 Stunden gegen den Wind zu motoren, warfen wir auf einer kleinen Insel in einer geschützten Bucht den Anker. Es war traumhaft. Patrick hat sich todesmutig ins Wasser gestürzt, welches 20 Grad warm ist. Nur die Quallen verderben einem den Badespass. Nick hat den Mut beim Bauchnabel verloren und hat seinen Badeplausch vorzeitig beendet. Tim hat das Rudern mit dem Schlauchboot so richtig erlickt und ruderte wie ein Gondolieri aus Venedig kreuz und quer durch die Bucht. Nach dem Abendessen und Abwasch machte sich die ganze Bande auf um die Insel zu umwandern. Dabei gibt es immer für alle viel zu entdecken. Den Abend haben wir „Grossen“ auf der PUST im Cockpit bei Kaffee, Tee und etwas feinem dazu ausklingen lassen. Es war ein lauer Sommerabend, leider mit 14 Grad nicht sehr sommerlich warm, was nach dem Sonnenuntergang um 22:15 spürbar wurde.

 

Donnerstag 19.Juli

Der heutige Tag erwartete uns mit Regen. Aber nur wenig. Bereits nach dem Frühstück mit frischem Brot von der NIA, war es wieder trocken, aber noch immer verhangen. Während ich diese Zeilen schreibe, steht Esther an der Pinne und folgt der NIA durch das enge Fahrwasser die letzten Meilen hinaus an die Küste. Unser Ziel ist Ellös, hier werden die schönen Hallberg Rassey Yachten gebaut. In Ellös steht ein Einkauf, Wasserbunkern und Duschen an, bevor wir weiter hinaus in die Schärenwelt fahren. Die Idee ist nun, dass wir uns bis Mitte nächste Woche entlang den Schären bis nach Norwegen hoch angeln.

 

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